Wir sitzen am lodernden Lagerfeuer und singen uns die Seele aus dem Leib. Mit uns am Feuer sitzen die Kinder und  Erwachsenen des Bergdorfes in dem wir übernachten. Die Töffligang – das sind die acht Jungendlichen, die unser Gepäck mit ihren Motorrädern transportieren – setzen unter der Leitung unseres Kochs, er hat sogar eine Gitarre mitgebracht, zu einem nächsten Lied an. Es tönt erneut nach Liebe und Herzschmerz und unsere Boygroup gibt alles. Voller Inbrunst und Hingabe. Wir revanchieren uns mit allen Liedern, zu denen uns noch ein paar Zeilen und die Melodie einfallen. Zwei Lieder können wir gemeinsam singen: Stille Nacht/Holy Night und die kurzerhand abgeänderte Version von Happy Birthday: „Merry Christmas to you…“. Es ist eine magische, unvergessliche Nacht am Weihnachtstag unter dem mit Sternen übersäten Himmel in den Chin-Bergen im westlichen Myanmar. Unsere Schlafsäcke warten in der Schule hinter uns, welche die Dorffamilien kurzerhand für unser Nachtlager ausgeräumt hat.

Unser Trekkingguide Than, der Assistantguide Key und der Wasserträger Teho führen uns weiter auf zum Teil eigens für uns freigeholzten Pfaden durch Bambus-, Eichen- und Rhododendronwälder. Wir wandern von Bergrücken hinunter in Flusstäler, balancieren über schmale Bambusbrücken, baden die Füsse im kalten Wasser und marschieren wieder hoch auf den nächsten Bergrücken. Vorbei an alten Steingräbern, mal durch dichten Dschungel, mal durch lichte Baumhaine, zu Aussichtspunkten und begegnen unterwegs stundenlang keiner Menschenseele. Auch im nächsten Dorf hat sich der Dorfälteste seine schönsten Kleider angezogen und begrüsst uns persönlich mit einem herzlichen «Mingalaba». Er besteht darauf, dass wir in seine Hütte eintreten und serviert uns Tee. Es ist unglaublich wie einfach diese Menschen hier kochen, schlafen und leben. Unsere Crew zaubert erneut ein feines Essen aus ihren Töpfen über dem Holzfeuer. Und mit einem Schluck Mandalay Rum in den Tassen singen wir auch diesen Abend um das Lagerfeuer herum mit unserer Boygroup um die Wette. Bald schon sitzt eine Familie mit ihrer tätowierten Grossmutter und -all ihren Kindern bei uns und lacht. Einzig beim selbstgemachten Wein, den uns die Einheimischen voller Stolz anbieten, bleiben wir vorsichtig. Diese Nacht verbringen wir auf dem harten Boden der ausgeräumten Dorfkirche.

Nach sechs Tagen Trekking und vielen scheuen, wunderschönen Kinderlachen, lachenden Müttern mit ihren Babies auf dem Rücken, stolzen Männern, gesichtstätowierten alten Frauen mit farbigen Wollmützen und den schönsten Zahnlücken der Welt wenn sie ihr Gesicht in Falten legen, erreichen wir das geschäftige Kampelet, den zentralen Ort dieser Gegend. Wir übernachten in der von den Dorfbewohnern betrieben Öko-Lodge und geniessen die verdiente warme Dusche. Einfach kaltes Wasser in den Kübel indem man steht einfüllen, zwei Liter heisses Wasser aus der Thermoskanne dazu giessen und dann mit der Plastikkelle über den Kopf und Körper giessen. Himmlisch! Am Abend besuchen uns die Dorfbewohner und führen ihre Tänze für uns auf. Eine alte Frau spielt auf der Nasenflöte. Die Dorfkinder probieren kichernd die paar Wörter Englisch die sie kennen an uns aus. Und unser Koch steht im blauen Anzug, rosa Hemd, Krawatte und viel zu grossem Ledermantel wie verwandelt mit Frau und Tochter Bettelnuss kauend bei uns.

Wir besuchen ein lokales Teehaus bevor wir uns auf den Weg hinunter zur Kultur und den vielen Sehenswürdigkeiten von Myanmar machen. Es sind die besten «Churros» der Welt die wir hier geniessen, gepaart mit dem süssesten, für unseren Geschmack ungeniessbaren Tee. Auch hier freuen sich alle Gäste über unsere Anwesenheit, zücken ihre Handys und fotografieren uns. Es sind unzählige und unvergessliche Momente voller Einfachheit, Herzlichkeit und Gastfreundschaft die wir von diesen Tagen in den Chin-Bergen mit nach Hause tragen.

Die nächsten Tage gehören einigen der vielen kulturellen Sehenswürdigkeiten des goldenen Landes. In der alten Königstadt Bagan erkunden wir mit unserem deutsch sprechenden Guide Ko Nyan ein paar der über 3500 Pagoden gemächlich mit der Pferdekutsche. Auf der Schifffahrt den Irrawaddyfluss hoch finden wir Zeit unser Fotos vom Trekking zu sortieren, zu lesen und die vielen Eindrücke etwas zu verarbeiten. Auf der längsten Teakholzbrücke der Welt, der U Bein-Brücke, singen zwei junge Nonnen ihr Dankesmantra für uns, als wir Ihnen einen Geldschein zustecken. Im Langboot kurven wir knatternd über den Inle-See. Besichtigen u.a. eine Lotusseidenweberei, eine Zigarrenfabrik, die schwimmenden Gärten und machen eine Wanderung durch die kleinräumige Landwirtschaft auf den Hügeln.

Zurück in Yangon besuchen wir die Sehenswürdigkeit Nummer 1 in Myanmar, die Shwedagon Pagode. Sechsundsechzig Tonnen Gold, unzählige Buddha-Statuen und und die gemurmelten Gebete der Gläubigen im Abendlicht verzaubern uns. Im legendären The Strand Hotel geniessen wir ein kühles Glas Champagner. Ein Piktogramm verbietet Küssen im Zug mit dem wir durch die Stadt fahren. Und als wir mit den Velorickshaws ein Quartier erkunden werden wir spontan an eine Neujahrsparty zu Nudelsuppe und süssem Wein eingeladen. Die Einheimischen freuen sich riesig und lachen und fotografieren als wir uns auf die kleinen Plastikhocker setzen. In einem der besten Restaurant von Yangon stossen wir ein letztes Mal mit einem Glas Wein auf zwei unglaublich erlebnisreiche Wochen an. Unzählige lachende Gesichter, spannende Begegnungen, Hunderte von goldenen Pagoden und viele schöne Zahnlücken werden uns für immer in Erinnerung bleiben. Kyaw zu ba (Danke schön) Myanmar.

Dominik Abt

Wanderleiter SBV

Teile diesen Beitrag
Mingalaba im goldenen Land – Trekking in Myanmar