Nach nur einem schnellen Kaffee im Stehen und mit ein paar Biscuits im Magen geht es auf Fusssafari in der Serengeti. Voraus geht der Massai Longishu, dann Ranger Theo mit Gewehr, dann alle in Einerkolonne und am Schluss nochmals ein Ranger. Das Gras steht hoch und wir gehen vorsichtig. Plötzlich macht Longishu einen schnellen Schritt zurück und zielt mit seinem Speer in Abwehrbereitschaft gegen den Boden. Was ist los? Longishu entspannt sich, das Tier hat sich versteckt. Ich bin beeindruckt von der Aufmerksamkeit, der raschen Reaktion, der Behendigkeit – vermutlich das, was einen echten Massai ausmacht. Afrika wie wir es uns vorstellen! Dann erklärt uns Longishu was es mit den Flötenakazien auf sich hat – erstaunlich was die Natur alles bietet. Etwas weiter beobachten wir Giraffen, Antilopen, Elefanten – immer in sicherem Abstand aber genug nah um das Ganze zu einem atemberaubenden Erlebnis zu machen. Dann, zurück im heimischen Kuhama Camp, werden die Erlebnisse beim ausgiebigen Frühstück ausgetauscht.
Unsere Reise war schon bei der Wanderung zur Mandarahütte vom Glück begünstigt. Zum ersten Mal bei meinen vier Reisen hierhin sehe ich Kibo und Mawenzi, die beiden Gipfel des Kilimanjaro im morgendlichen Sonnenlicht vom Tal aus. Von der Mandarahütte steigen wir weiter auf zum Maundi Crater – ich will meinen Gästen unbedingt auch die Bimbi (englisch Hyrax, deutsch: Baumschliefer) und die Affen zeigen. So richtig auf unsere Rechnung kommen wir aber nach dem Mittagessen: auf der Wiese zwischen den Hütten führen die Guereza (Seidenaffen) richtige Tänze auf. Mit ihrem langen schwarz-weissen Fell sieht das aus wie Ballett. Die Blue Monkeys (Diademmeerkatzen) assistieren dabei eifrig. Gerne investieren wir Zeit bei diesem seltenen Spektakel, dafür geht es unter der Führung von Thomas zügig zurück zum Parkeingang. Und schon heisst es wieder von unseren Freunden in Marangu, Evarest, Godlisten, Livingstone, Thomas, Jabu und wie sie alle heissen, Abschied zu nehmen. Und die Hotelcrew um Chefin Naomi verabschiedet uns liebevoll und gibt «Malaika» mit Tränen in den Augen – ein toller Moment. Ich habe das Glück, im Juli wieder mit einer Kilimanjaro Gruppe zu kommen und freue mich schon heute, all die Freunde wieder zu treffen!
Mit unseren Fahrern Kasanda und Moses sind wir in zwei Jeeps unterwegs. Schon im Tarangire National Park beweisen sie ihre gute Nase und führen uns zu einem weiteren Tierspektakel: badende Elefanten! Diese haben wirklich Spass am Baden, stossen, tauchen sich gegenseitig unter sodass manchmal nur die Rüssel aus dem Wasser ragen, wie die Türme von U-Booten. Die Gruppe kommt uns vor wie eine Schulklasse, die im Schwimmbad Ausgang erhält. Moses hat echt scharfe Augen, weit weg zwischen den Bäumen sieht er Löwen auf einem Baum. Wir müssen mit dem Feldstecher lange suchen – aber tatsächlich, er hat recht, da sind sie. Dann steigen sie langsam herunter. Ob sie wohl auf Nahrungssuche sind? Wir haben kurz vorher an der Strasse ein verlassenes Büffel-Baby getroffen. Ob es wohl zum Mittagessen herhalten muss? Zurück im Camp – was quert da unten den Fluss? Urs ist schon am Feldstecher – tatsächlich da bewegt sich ein Leopard. Und das ganz nah an der Lodge – darum also soll man sich bei Nacht nicht alleine draussen bewegen.
Eine Elefantenherde verzögert die Abfahrt zum nächsten Park. Genau in dem Moment wo wir losfahren wollen, zieht sie durch den Park am Hoteleingang. Dabei hatte ich im Sommer gedacht, das erlebe ich nur einmal – und jetzt schon wieder! Das Hotelpersonal räumt die Dekoration weg und lässt die Elefanten gewähren. Als einer der erwachsenen Elefanten sich am Bäumchen vor dem Eingang reiben will, wird’s dann doch zu viel. Etwas Lärm lässt ihn davon Abstand nehmen und so wird das Bäumchen auch noch weitere Besucher erfreuen können.
Der Lake Manyara ist immer noch übervoll mit Wasser. Er reicht fast ganz an die schöne Lodge heran. Am Nachmittag ist relaxen angesagt – als ich aber aus Häuschen komme, stiebt eine Familie Warzenschweine davon. Es scheint, sie haben es sich unter unserem Bungalow bequem gemacht. Am See geniessen wir gemeinsam einen wunderbaren Sonnenuntergang mit einem feinen Sundowner.
Im Ngorongoro Krater, der eigentlich eine Caldera ist (den Unterschied lassen Sie sich auf der nächsten Reise erklären…), ist ein unglaubliches Spektakel. Im Kuhama Camp an der inneren Seite des Kraters werden wir fantastisch empfangen – wieder Freunde besuchen. Und beim vierten Mal ist es auch ein wenig wie nach Hause kommen. Vom Ausgangspunkt hinter dem Camp hat man einen grandiosen Ausblick, aber nur unter Bewachung durch die beiden Massai, die übrigens auch die ganze Nacht wachen. Der Kraterrand liegt auf rund 2400 Metern, der Boden auf 1800 Metern – der geschlossene Wall rundherum ist beeindruckend hoch. Die Caldera misst rund 16 mal 20 Kilometer – riesig! Und die Tierwelt da unten ist unglaublich – Büffel, Zebra, Elefanten, Hippo, Löwen, Serval, Spitzmaulnashörner, Grant Gazellen, Thompson Gazellen und und und… Dazu kommt eine riesige Artenvielfalt an Vögeln – Kasanda kennt sie alle mit Namen. Wir erfreuen uns an der bunten Welt, können uns gar nicht alle Namen merken. Aber Flamingo, Sattelstorch, Nilgans, Dreifarben-Glanzstar und Glanzente sind uns geblieben. Und auch der Milan, der Ernst attackierte und ihm das Picknick aus der Hand klauen wollte.
In der Nacht klopft der Regen auf unser Zeltdach. Schlechtes Omen für morgen? Dabei hatten wir doch so viel Glück auf dieser Reise. Verlässt es uns gerade heute? Die Fahrt nach Endulen soll bei nassen Strassen schwierig bis vielleicht unmöglich sein. Die Fahrer wollen es versuchen und wir fahren bei Regen los. Einmal halb um die Caldera rum, dann geht’s links ab ins Tal hinunter. Die Strasse befindet sich im Bau. Schön aufgeschichtet liegen alle zehn Meter grosse Haufen Erde quer auf der Strasse – Strassenbau auf afrikanisch. An Massai-Dörfern vorbei geht’s auf glitschiger Strasse hinab – bis der Jeep an einer felsigen Stelle etwas abrutscht und Kasanda erklärt: hier steigen wir aus. Kimani, der uns weiter unten erwartet schickt uns seinen Assistenten Jakobo und dieser führt uns im Regen zu den Massai. In den Rundhütten innerhalb einer Boma wohnt jeweils eine Familie, ein Mann mit seinen Frauen und den Kindern. Wir dürfen es uns anschauen und erhalten viele Erklärungen – beeindruckende Einblicke in ein ganz anderes Leben!
Die nächste Station ist der kleine Lake N’Dutu Park. Es erwartet uns eine luxuriöse Zeltlodge in der Wildnis. Der Boden hier besteht aus alter Vulkanasche, darum wächst das Gras nicht so hoch. Das ist für viele Tiere günstig, da sich Raubtiere weniger unbemerkt anschleichen können. (Und hat den Nebeneffekt, dass das Wasser so weich aus der Brause kommt, dass man das Gefühl hat, das Duschmittel sei schon beigemischt worden!) So begegnen wir hier unendlich vielen Zebras und Gnus mit ihren Frischgeborenen, die gelegentlich scheinbar unmotiviert über die Steppe galoppieren und in grossen Gruppen zusammenstehen. Das gibt eine Vorstellung des Spektakels der grossen Tierwanderung in der Serengeti. Auch hier geht’s frühmorgens auf die Fusssafari –mit Naturalist, Ranger und Massai. Die Giraffen lassen sich nicht gross stören von diesen kleinen Menschlein (so kommt man sich vor), die Büffel gucken schon etwas kritischer aus dem Gebüsch. Die Hyäne mustert uns über den Fluss und wirkt nicht so glücklich, dass wir der auf dem Rücken liegenden Schildkröte, deren Panzer sie schon angeknabbert hatte, das Leben retten.
Aufgrund des Tierreichtums in diesem Bereich beschliessen wir noch etwas länger zu verweilen. Und entdecken die Löwen auf dem Baum – in nächster Nähe diesmal. Und dann geht es weiter zu einer Elefantenherde mit Jungen in verschiedenem Alter, die zwischen den Beinen der grossen Tiere mehr oder weniger geschickt spielen. Doch was ist da auf dem Baum? Eine Gazelle? Tatsächlich, hier hat ein Leopard seine Beute auf dem Baum in Sicherheit gebracht. Und wo ist der Besitzer? Kasanda findet ihn tatsächlich im Gebüsch, so dass wir doch noch unseren Leoparden in Fotodistanz vor die Linse bekommen!
Jetzt geht es hinaus in die Serengeti – zu unserem hinter den sieben Hügeln liegenden einsamen Camp. Auch hier ein lieber Empfang und eine tolle Betreuung. Wenn man sich vor Augen führt, dass im Umkreis von vielleicht eineinhalb Stunden Jeepfahrt auf unwegsamen Pisten keine Menschenseele ist, nur wilde Tiere – eindrücklich! In der letzten Nacht holt uns das Wetter ein, ein grandioses Gewitter ergiesst sich über uns. Das Krachen und Grollen unterbricht zwar den Schlaf – dafür hören die meisten das Gebrüll der Löwen zwischendurch.
Die Piste am Flugfeld Seronera ist vom Schlamm aufgeweicht. Die Frau Flugkapitän, eine schweizerisch-holländische Doppelbürgerin, holt uns persönlich am Gate ab. Die Motoren laufen, wir sind startklar. Aber nein, es kommt jemand gelaufen, der nochmals zwei Passagiere ankündigt. Also: Motoren aus, Passagiere rein – alles von vorn. In der Schweiz würde der Bus wohl nicht nochmal halten, wenn zwei daherrennen – das Flugzeug hier schon! Trotz des Regens folgt ein schöner Flug zurück. Wir sehen alle besuchten Gegenden mit denen sich so viele unvergesslcihe Erinnerungen verbinden von oben: Serengeti, Lake N’Dutu, Ngorongoro, Lake Manyara. In Arusha steigen wir ins kleinere Flugzeug um, das uns nach Zanzibar bringt.
Und im Bluebay Resort heisst es jetzt erholen und ausspannen. Kein Problem bei der gastfreundlichen Aufnahme durch Jonathan und Joyce – sie lesen uns jeden Wunsch von den Lippen ab! So geht eine fantastische Reise zu Ende, die unglaublich bereichernd war – Tanzania unforgettable!
Urs von Däniken