Grösser könnte der Kontrast kaum sein. Vom 8848 Meter hohen Mount Everest runter in die Terai Tiefebene, keine 200 Meter über dem Meerespiegel. Dies innert 2 Wochen und Luftlinie 250 Kilometer. Doch alles der Reihe nach.

Ziel unseres Nepal Abenteuers ist nicht der Gipfel des Mount Everest. Schliesslich haben wir das Everest Komfort Trekking gebucht. Doch mit unseren eigenen Augen wollen wir ihn sehen, den höchsten Berg der Welt. Dies aus komfortabler Distanz. Doch nahe genug, um ehrfürchtig zum Gipfel hoch zu schauen und das rege Treiben der Bergsteiger und Träger am Berg mitzuerleben.

Schon der Flug nach Lukla, dem Ausgangspunkt für Touren im Everest Gebiet, ist spektakulär. Auf 2800 Metern beginnt unser Trekking.

Links vorbei an den ersten Mani-Mauern weist uns der Guide, Passang Sherpa, den Weg.  Rasch lernen wir, dass die Mani-Mauern laut dem buddhistischen Glauben immer links passiert, die Gebetsmühlen im Uhrzeigersinn gedreht werden.  Damit sollen sich die Gebetsinhalte entfalten. Wir wünschen uns gutes Wetter, drehen eifrig die Gebetsmühlen und murmeln „Om mani padme hum“, das bekannteste Mantra des tibetischen Buddhismus, vor uns hin. Bis zum Ende der Tour werden wir Tausende Gebetsmühlen drehen und bestimmt Hundert Mani-Mauern passieren. Unsere Gebete werden erhört – wir haben fast ausnahmslos gutes Wetter.

Luftige Hängebrücken queren mehrmals den Dudh Koshi (deutsch: Milchfluss). Wir lassen den schwer beladenen Yaks den Vortritt und zücken stattdessen unsere Fotokameras. Sujets gibt es en masse: Blühende Rhododendren, farbige Gebetsfahnen, Stupas,  und natürlich die eindrücklichen Berge.

In Namche Bazar angekommen sehen wir sie zum ersten Mal in voller Pracht vor uns: Nuptse, Everest, Lhotse und Ama Dablam. Majestätisch ragen sie in den stahlblauen Himmel. Wir sind sprachlos, staunen und geniessen.

Weiter geht unser Trekking abseits bekannter Routen, aber nicht minder spektakulär. Wir schätzen die Abgeschiedenheit und die Ruhe. Unterwegs treffen wir keine anderen Touristen und werden von den Sherpas liebevoll umsorgt.  Sherpas werden im westlichen Volksmund oft mit Trägern gleichgesetzt. Sherpa bezeichnet jedoch ihre ethnische Zugehörigkeit, eine Volksgruppe, die vor ca. 500 Jahren von Tibet in den Norden Nepals gezogen ist.

In Kondge, auf 4250 Metern über Meer, erreichen wir unsere höchstgelegene Lodge.  Nachts wird es empfindlich kühl. Umso mehr schätzen wir den wärmenden Masala-Tee, das feine Essen (mit frischem Gemüse aus dem Garten!) und die elektrische Heizdecke im Bett. Komfort-Trekking eben. Vor unseren Zimmern das höchste und vielleicht schönste Bergpanorama der Welt. Unsere ständigen Begleiter Everest, Lhotse und Ama Dablam.

Nach 10 Tagen verlassen wir etwas wehmütig aber reich an Eindrücken und unvergesslichen Erlebnissen das Himalayagebirge und fliegen in den Süden. Die Daunenjacke tauschen wir mit der Badehose.

Im Dschungel des Chitwan Nationalparks begegnen wir schon auf der ersten Pirsch einem Panzernashorn. Zahlreiche werden folgen. Mit ihnen viele Hirsche, Wildschweine, Krokodile, Affen und gar ein Lippenbär. Ganz zu schweigen von den vielen Vögeln. Der Park ist ein wahres Paradies für Ornithologen.

Erneuter Szenenwechsel – vor der Heimreise verbringen wir nochmals zwei Tage in Kathmandu. Wir nutzen die Gelegenheit, stürzen uns ins Gewirr und besuchen Sehenswürdigkeiten. Durbar Square, Swayambunath, Thamel. Das Verkehrschaos und das emsige Treiben sind aufregend, faszinierend aber auch ermüdend.

Mitten im Gewühl bieten buddhistische Oasen wie die Riesenstupa Bodnath eine Verschnaufpause. Auf den Lautsprechern ertönt in einer Endlosschlaufe „unser“ Mantra: „Om mani padme hum“ und bringt uns gedanklich gleich wieder in den Himalaya.

Valérie Chételat, Wanderleiterin mit eidg. Fachausweis und Fotografin

Teile diesen Beitrag
Von der Daunenjacke in die Badehose