Von seinen Erlebnissen am Aconcagua schreibt Expeditionsleiter und Bergführer Richi Bolt

Nun geht es los! (08.01.24)

Nach einer erlebnisreichen Anreise über Madrid und Lima nach Mendoza stehen wir nun am Eingang zum Val Vacas, dem Tal der Kühe.

In Mendoza konnten wir eintauchen in die Esskultur von Argentinien mit einem fantastischen Assado bei meinem Freund Kari Kobler. Wir besuchten die Innenstadt von Mendoza mit seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten.  Ach einer erholsamen Nacht im komfortablen Hotel folgte die abwechslungsreiche Anfahrt nach Puente del Inka. Der Besuch dieses Naturwunders hinterliess durch den schwefligen Geruch einen bleibenden Eindruck in unseren Nasen.

Die Übernachtung im Komfortcamp war wahrscheinlich die erholsamste für die nächsten Tage.

Nun stehen wir voller Vorfreude am Parkeingang und laufen los zu unserem Ziel, dem Gipfel des Aconcagua. Hasta la Vista, Bergführer Richi Bol

„El viento, el viento, el niño celestial“ (15.01.24)

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!

Seit Wochen bläst über dem Gipfel des Cerro Aconcagua ein stürmischer Höhenwind, der Jetstream. Dieser hartnäckige Wind macht eine Besteigung unseres Zieles fast unmöglich oder zumindest wird das Risiko für Erfrierungen massiv höher.

Doch der Reihe nach: der Anmarsch durch das wildromantische Val Vacas stimmt uns perfekt auf die bevorstehende Besteigung des höchsten Berges Südamerikas ein. In zwei gut eingerichteten Camps, dem Camp Pampa de Leñas 2864m und dem Camp Casa de Piedra 3245m übernachten wir und gewöhnen uns langsam an die Höhe an.

Die Knacknuss dieses eindrucksvollen Trekkings ins Base Camp bildet die Überquerung des Rio de las Vacas. Dieses Jahr führt der Fluss sehr viel Wasser, welches eiskalt von den Gletschern ins Tal fliesst. Nun heisst es Schuhe ausziehen, Hosen möglichst hochkrempeln und auf die Zähne beissen. 30m im knietiefen, reissendem Eiswasser queren braucht eine entsprechende Willenskraft, welche die gesamte Gruppe eindrücklich aufbrachte.

Nach einigen Tagen im Base Camp, in welchem wir kulinarisch verwöhnt wurden, sind wir nun gut akklimatisiert und alle fühlen sich wohl.

Die richtige Taktik wird nun über einen Gipfelerfolg entscheiden.

Wann lässt der Jetstream nach, wann sind die Temperaturen auf dem Gipfel etwas weniger kalt? Durch Internetverbindung im Base Camp ist es möglich die wichtigen Wetterdaten zu erhalten und diese entsprechend zu interpretieren. Wir legen unseren Plan fest und hoffen auf ein gutes Gelingen.

Hasta luego, Richard Bolt, Bergführer

 

Gipfelerfolg am Aconcagua, wie wir dem Wind ein Schnippchen schlugen (21.01.24)

Die Vorzeichen für eine erfolgreiche Besteigung des höchsten Berges von Südamerika, dem 6962m hohen Aconcagua standen nicht sehr gut, als wir den Aufstieg am Berg starteten.

Die Höhenwinde machten sich bereits während der ersten Nacht im Camp 1 auf ca. 5000m bemerkbar indem sie ununterbrochen an unseren Zelten rüttelten und diese sogar stark beschäftigten, neben dem dass sie uns die ganze Nacht unseres Schlafes beraubten. Klare Vorboten, was uns weiter oben am Berg erwarten konnte!

Wir mussten uns einen Plan zurechtlegen, welcher uns eine Chance für die Gipfelbesteigung eröffnete. Wann ist der beste Tag für eine Besteigung, um welche Uhrzeit sollten wir starten, wann sollten wir auf dem Gipfel sein, wie lange benötigen wir für den Austieg/Abstieg? Fragen über Fragen!

Klar war, dass wir unser Programm den Windprognosen anpassen mussten, welche wir über verschiedene Wettermodelle und Quellen erhalten konnten. So entschieden wir bei starkem Wind von Hochlager zu Hochlager aufzusteigen um dann am 18. Januar im höchsten Camp 3 (Camp Berlin) auf knapp 6000m eine kurze, unangenehme Nacht vor dem Gipfelaufstieg zu verbringen. Wir wussten, dass der 19. Januar in den frühen Morgenstunden eine windarme Phase bringen würde. So hiess es um 02:50 Uhr aufstehen, heisses Wasser kochen, etwas trinken, wenig essen und bereit machen für den finalen Tag. Punkt 04:00 Uhr ging es wie erwartet los bei windstillen Verhältnissen. In einem gleichmässigen Schritt stiegen wir im Licht unserer Stirnlampen höher. Auf 5400m machte sich die Höhe bei 2 Teilnehmern bemerkbar, sodass sie sich zur Umkehr entschieden. Für den Rest der Gruppe hiess es nun durchbeissen und über lange Geröllfelder und Stufen Schritt für Schritt höher zu steigen. Nach Stunden des Aufstiegs über „La Cueva“ und das letzte Teilstück, die „Canaletta“ erreichten 4 Teilnehmer, der einheimische Guide Hermann und der Bergführer Richi Bolt um 11 Uhr den Gipfel des Aconcagua 6962m. Überglücklich genossen wir die überwältigende Aussicht vom höchsten Berg Südamerikas, dies bei praktisch windstillen Verhältnissen. Unsere Taktik ist voll aufgegangen! Wir haben einen der ganz wenigen Tage gewählt, welcher eine Besteigung zuliess. Umso grösser war unsere Freude.

Nach einigen Minuten auf dem Gipfel stand der lange Abstieg ins 2600m tiefer gelegene Base Camp Plaza des Mulas vor uns. Nun hiess es nochmals alle mögliche Energie zu mobilisieren um am späteren Nachmittag sehr müde, doch umso zufriedener mit einem kühlen Bier auf diesen  grossen Erfolg anzustossen, Prost!

Beim heutigen Resume können wir über eine äusserst interessante Zeit rund um den Aconcagua zurückblicken. Speziell die Traverse vom Val Vacas auf der Südostseite über den Gipfel auf die Nordwestseite ins Val Horncones stellt eine sehr lohnende Alternative zur Normalroute dar.

Eine äusserst spannende, abwechslungsreiche Reise neigt sich dem Ende zu. Nun werden wir morgen noch die 30km Marsch von Plaza des Mulas nach Puente del Inka unter die Füsse nehmen und der Kreis der 360 Grad Umrundung des Aconcagua schliesst sich.

Hasta luego, Bergführer Richi Bolt

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Der Wind, der Wind das himmlische Kind! Aconcagua Expedition