Die Erdbeben vom letzten April und Mai haben Nepal erschüttert, viele Menschen sind gestorben oder wurden verletzt. Zehntausende leben seither in Zelten oder notdürftigen Hütten. Aktivferien AG konnte dank der Solidarität ihrer Gäste in kurzer Zeit fast 100‘000 Schweizer Franken an Spenden entgegen nehmen. Das Geld wurde zum grössten Teil zum Wiederaufbau der Schulen und Häuser sowie auch für Soforthilfsgüter wie Decken, Reis, Öl, etc. verwendet.

Doch auch privat wurde viel gespendet. Bergführer Meinrad Bittel konnte mit seinen privaten Gästen 30‘000 Schweizer Franken sammeln. Meinrad Bittel führt für uns regelmässig Nepal Trekkings. Er bestieg den Mount Everest und hat eine grosse Verbindung zu Nepal. Meinrad und seine Frau Vroni sind zusammen mit Claudia und Lothar Stoffel nun nach Nepal gereist und haben die Verteilung der Hilfsgüter zusammen mit Aktivferien Nepal persönlich koordiniert. Hier ein Auszug aus ihrem Reisebericht.

Nepal 22.11. – 07.12.2015. Die Rückkehr nach dem Erdbeben.

Vroni und Meinrad Bittel, Claudia und Lothar Stoffel

Nur wenige Tage nach der Katastrophe richten Vroni und Meinrad ein Spendenkonto ein. Dank der grossen Solidarität von vielen Freunden können ca. Fr. 30‘000.- gesammelt werden. Im Oktober entscheiden wir uns, in diesem Jahr noch einmal nach Nepal zu reisen und unsere Unterstützung anzubieten. Wir kontaktieren Mingmar und Pasang Sherpa. Sie sollen uns mögliche Hilfsprojekte vorschlagen und uns während unseres Aufenthaltes begleiten.

Dienstag, 24. November 2015

Die Reise ist zwar geplant, wir sind trotzdem nicht richtig organisiert. Es scheint alles irgendwie unstrukturiert.

Wir treffen uns am Morgen mit Mingmar und besprechen, wie und wen wir unterstützen möchten. Nach einigem Hin und Her kommen wir zum Schluss, dass wir weder Beton noch Geissen kaufen. Mingmar scheint fast überfordert, alle unsere Wünsche zu erfüllen. Schlussendlich entscheiden wir uns.

Die Schule in Lumsa erhält:

  • 190 Softshell-Jacken mit dem Aufdruck „Swiss Friend“ (diese Jacken haben wir bereits vor unserer Ankunft bestellt)
  • 190 Etuis mit je 1 Zahnbürste, 1 Zahnpaste, 1 Seife, 1 Stift

Die drei Dörfer Lumsa, Zuke und Dimil mit ihren 160 Familien erhalten je:

  • 1 Sack Reis à 30 kg
  • 1 Liter Oel
  • 1 kg Salz
  • 1 Seife
  • 1 warme Decke

Am Nachmittag kaufen wir uns Schlafsäcke, die wir am Schluss der Reise verschenken werden. In Kathmandu hat das Erdbeben weniger Schaden angerichtet, als wir erwartet haben. Traurig anzusehen ist die grosse Zeltstadt neben dem 5-Sterne Hotel Hyatt. Arm und Reich Seite an Seite. Viele Leute sind aus den Bergen in die Stadt geflüchtet und leben hier ohne grosse Perspektiven. Auf dem Land werden wir in den kommenden Tagen umso mehr Leid erfahren. Auch Pasang und Mingmar übernachten mit ihren Familien nach dem Beben während rund zehn Wochen in einem Zelt.

Mittwoch, 25. November 2015

Wir erleben heitere Stunden im Klettergarten von Kathmandu. Im Auftrag von Aktivferien bildet Meinrad einige Sherpas in Seiltechnik und Klettern aus. Nach einem gemeinsamen Mittagessen erfahren wir von Mingmar, dass unsere Hilfsgüter bereits während der Nacht auf Schleichwegen unterwegs sind; immerhin 4.8 Tonnen Reis und ein grosser Berg an Decken und vielem mehr.

Freitag, 27. November 2015

Ab jetzt geht es nur noch zu Fuss weiter. Wir wandern von 09.00 Uhr bis 16.00 Uhr nach Lumsa. Unterwegs kommen wir an der schwer beschädigten Schule in Keru vorbei. Die Kinder werden in Zelten unterrichtet, gleichzeitig werden aber die Gebäude wieder hergerichtet.

Lumsa ist das Heimatdorf von Pasang und auch von Mingmar. Wir übernachten im Haus von Mingmars Bruder. Viele Familien haben immer noch Angst vor Nachbeben und kehren nicht in die beschädigten Steinhäuser zurück. Sie haben sich unterdessen eine primitive Holzhütte gebaut und leben in einfachsten Verhältnissen.

Samstag, 28. November 2015

Nach und nach wird uns bewusst, dass wir im Dorf als Helden empfangen werden. Auf dem Dorfplatz angekommen, trauen wir unseren Augen kaum. Alle Kinder in Schuluniform, Frauen und Männer in ihren besten Kleidern stehen Spalier. Eine Bühne extra für uns aufgestellt, der Tisch einem Altar gleich hergerichtet. Wir werden zu unseren Ehrenplätzen begleitet. Von Emotionen überwältigt, lassen wir den Empfang über uns ergehen. Erstmals sehen wir den Berg an Material und fragen uns zum hundertsten Mal, wie Mingmar dies alles in so kurzer Zeit organisieren konnte. Wir bekommen Milchtee in wertvollsten Schalen serviert, scheinbar jede auf dem Platz anwesende Person überreicht uns eine Schärpe oder einen Blumenkranz. Die Kinder singen, führen Tänze auf, es werden Ansprachen gehalten. Endlich dürfen wir unsere Geschenke verteilen. Wir erleben eine ungeahnte Dankbarkeit. Abends schlüpfen wir mit der Gewissheit in den Schlafsack, das Geld gut investiert und den richtigen Leuten geholfen zu haben.

Sonntag, 29. November 2015

Wir verlassen Lumsa und erreichen in rund 2 ½ Std. Dimil. Auf unserer Wanderung treffen wir immer wieder Menschen, die wir am Vortag kennen gelernt haben. In Dimil haben wir die Ehre, in einem Kloster zu übernachten. Die Familie richtet uns ein bequemes Massenlager ein. Wir erfahren, dass es in der Nacht immer wieder vorkommen kann, dass ein Tiger in den Siedlungen herumstreift. Wie in dieser Gegend üblich, gehen wir mit den Hühnern schlafen und stehen mit den Hühnern auf. Bereits um 19.40 Uhr kuscheln wir uns ein und schlafen bis uns morgens um 07.00 Uhr Radio Meinrad weckt.

Montag, 30. November 2015

Von 08.30 Uhr bis 12.00 Uhr wandern wir bis Pikey 3650m. Auf der urchigen Yak-Alpe lassen wir uns verpflegen und besteigen danach den 4065m hohen Pikey Peak. Es ist sehr windig, aber nach etwas Geduld auf dem Gipfel erblicken wir erstmals die höchsten Berge des Himalayas.

Dienstag, 1. Dezember 2015

Es ist ein strahlend blauer Morgen. Buddha ist uns gnädig gesinnt und hat in der Nacht alle Wolken weggeblasen. So laufen wir noch einmal auf den Pikey Peak. Ein fantastisches Panorama eröffnet sich uns. Everest, Lhotse, Makalu, Kangchendzönga… Wir zählen vier 8000er Berge.

Später laufen wir via Goli bis Naptel/Namkheli auf 2400m. Die Gastgeber stellen für uns zwei Zelte auf.

Mittwoch, 2. Dezember 2015

Von 07.45 Uhr laufen wir während ca. 1 ½ Std. runter an den Fluss bis 1400m und steigen dann auf der anderen Talseite wieder ca. 1 ¾ Std. auf bis Bhandar. Hier beenden wir unsere Wandertage und verabschieden uns von den zwei Trägern. Ein Jeep holt uns hier ab. Nach 3 ½ Std. erreichen wir Jiri. Wir übernachten bei Pasangs Tante. Jiri ist eine Stadt mit etwa 7200 Einwohnern. Wir sind erschüttert, sehen wir doch erstmals auf engem Raum, wie stark das Erdbeben diesen Ort zerstört hat.

Donnerstag, 3. Dezember 2015

In einem Minibus fahren wir von Jiri via Mainaphokari – Namdu – Tamakhoshi – Pibalbot – Dolakha Sorigot – Mudhe – Lamosango zurück nach Kathmandu

Freitag, 4. Dezember 2015

Wir verbringen den Tag im Thamel.

Samstag, 5. Dezember 2015

Wir sind mit Pasang rund um die Bodnath Stupa unterwegs. Die Stupa ist stark beschädigt, wird aber wieder restauriert. Sicher auch dank der Tatsache, dass die Stupa zum Unesco Weltkulturerbe gehört und ein wichtiger Pilgerort ist.

Am Abend sind wir bei Mingmar zuhause zum Essen eingeladen. Unser Spendenbudget ist noch nicht ganz aufgebraucht. Wir entscheiden daher, dass Mingmar und Pasang auch für die 120 Kinder in der Schule von Patala Jacken besorgen sollen.

Sonntag, 6. Dezember – Montag, 7. Dezember 2015

Wir verlassen abends Nepal und landen am Montagmorgen in unserer beschaulichen Schweiz. Aufgewühlt, überwältigt, tief berührt, dankbar, um besondere Erfahrungen reicher, wissen wir, dass diese Mission nicht beendet ist.

Ohne Mingmars Unterstützung wäre es uns nie möglich gewesen, in Nepal alle unsere Einkäufe zu organisieren, zu transportieren und den Leuten in Solukhumbu zukommen zu lassen.

Dezember 2015 /cs

 

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Hilfsgüter werden nach Nepal gebracht