Dröhnende Motoren, eine kurze Landeansage des Piloten – leichtes Rumpeln und wir sind gelandet. Nach einer speditiven Einreise- und Zollabfertigung folgt der herzliche Empfang am Flughafen von meinem Freund Mingmar – Chef  von Aktivferien Nepal. Eine kurze Fahrt zum Hotel und anschliessend ein Bummel durch den Bazar und Einkaufsviertel in der Nähe. Wir sind angekommen, in Kathmandu, Nepal. Unsere Gruppe – elf Gäste und ich als Reiseleiter und Bergführer – haben das grosse Privileg für rund drei Wochen neue Dimensionen zu entdecken.

Bereits am nächsten Morgen fliegen wir nach Lukla. Dank Top Piloten ist auch die Landung in Lukla kein Problem aber sehr eindrucksvoll. Auf dem Gebirgsflugplatz geht es zu und her wie in einem Bienenstock. In zehn bis fünfzehn Minuten wird aus- und wieder eingeladen  und schon ist der Flieger wieder weg.
Unsere Begleitmannschaft – Guides, Wasserkocher und Träger – erwarten uns bereits. Bald einmal starten wir mit leichtem Tagesrucksack in Richtung Phakdingma, unserem ersten Tagesziel. Stupas, grosse mit buddhistischen Zeichen bemalte Steine und Gebetsmühlen säumen unseren Weg. Diese werden uns in den nächsten Wochen immer wieder begegnen. Und wir lernen – immer linksrum im Uhrzeigersinn laufen und die Mühlen drehen – om mani padme hum. Und weiter geht’s – in Nepal ist kein Meter flach.

Der nächste Tag bringt uns in den Sagarmatha Nationalpark und wir machen die erste Bekanntschaft mit imposanten Hängebrücken. Dank Schweizer Know-how fühlen sich diese Bauwerke sehr sicher an. Wege, Brücken und Treppen werden von allen Verkehrsteilnehmenden genutzt – Menschen – Yaks – Esel und Maultiere, und alle gleichzeitig.

Wir gewinnen immer mehr Höhe biegen um die Ecke und Namche Bazar liegt vor uns. Fast ein wenig wie Zermatt, einfach in Nepal. Da kannst du fast alles kaufen was du beim Wandern und Bergsteigen benötigst. Aber Vorsicht, echte Markenware hat denselben Preis wie bei uns. Günstig sind nur die Plagiate, welche es in Massen gibt.

 

Der Grossteil der Bevölkerung sind Hindus, nur etwa zwanzig Prozent sind Buddhisten. Die beiden Religionen harmonieren sehr gut miteinander. Es gibt immer wieder grosse gemeinsame Klöster die einen Besuch wert sind.

Wir biegen ab ins Gokyo Tal und steigen immer höher bis nach Gokyo. Dieses liegt idyllisch an einem kleinen Bergsee vor der mächtigen Kulisse des Cho Oyu 8188 m.ü.M.. Eine Wanderung auf den Gokyo Ri 5357 m.ü.M. rundet unseren Abstecher in dieses wunderschöne Tal ab. Die Sicht auf die Giganten, Cho Oyu, Gyachung Kang, Lhotse, Makalu und auch ein kurzer Blick auf den Everest, war einigen von uns vergönnt. Grandios!!

Abschied von Gokyo und ein Wechsel ins Tal des Khumbu-Gletschers ist angesagt. Mit dem Cho-La Pass ist eine Hürde von 5420 m.ü.M. zu überwinden. Dank der Stahlseil-Absicherung von Aktivferien ist der Aufstieg eher eine Ansage an die Kondition als an die Technik. Alle schaffen die Herausforderung mit Bravour. Und schon geht’s wieder runter nach Dzongla und am nächsten Tag nach Gorak Shep, das letzte Lodge-Dorf vor dem Everest Basecamp.

Unsere Basis am Abend ist jeweils eine einfache Lodge mit Kanonenofen im Essraum. In diesen Öfen wird am Abend eingeheizt. Wir sind ständig in Höhen von über 4500 m.ü.M. und dementsprechend ist Brennholz in weiter Ferne. Also wird Yakdung verbrannt. Klingt einfach und logisch, ist aber mit sehr grossem Aufwand verbunden. Mist muss eingesammelt werden, oft über grosse Distanzen. Anschliessend wird dieser tellerförmig modelliert und über Wochen sehr gut getrocknet. Es braucht also ein regelrechtes Mistmanagement damit der Ofen warm wird.

Der Wecker klingelt, die Uhr zeigt 03:45 Uhr – Zeit zum Aufstehen. Wir haben ein hohes Ziel vor uns. Kala Pattar 5545 m.ü.M. Kleines Frühstück, dann marschieren wir los. Eine Lichterkette von Stirnlampen im Zickzack den steilen Hang hoch. Jeder ist mit sich selber beschäftigt, hängt seinen Gedanken nach – Schritt für Schritt bergwärts. Morgendämmerung, Sonnenaufgang und nach rund zweieinhalb Stunden Aufstieg ist der Gipfel erreicht. Es hat sich gelohnt! Vor uns Everest, Lhotse und Nuptse und im Rücken der 7000 m hohe Pumori. Eindrücklich, du stehst auf über 5500 m.ü.M. und die Gipfel überragen dich noch um 3000 m und mehr – man wirkt irgendwie ganz klein. Panorama der Superlative!

Durch das Khumbutal geht’s über Lobuche nach Dingboche. Eine grössere, schöne Ortschaft auf 4400 m.ü.M.. Wir sind im Imja Tal angekommen. Im Hintergrund mitten im Tal unser nächstes Ziel – der Island Peak. Für die meisten Teilnehmenden wird das Ziel das Island Peak Basecamp 5100 m.ü.M. sein. Über Chukhung erreichen wir das Zeltcamp nach eineinhalb Tagen. Der Koch von Aktivferien verwöhnt uns mit einem feinen Mittagessen und einer leckeren Torte. Spitzenleistung unter primitivsten Voraussetzungen. Meine Tochter und ich bereiten uns für den nächsten Tag vor, die anderen wandern zurück nach Chukhung und besteigen am nächsten Tag den Chukhung Ri 5550 m.ü.M und steigen dann nach Dingboche ab. Wir werden uns dort wieder treffen.

Mitternacht, aufstehen, anziehen etwas essen und los geht’s. Ein langer Tag liegt vor uns. Im Zickzack geht es steil aufwärts bis auf eine Höhe von ca. 5800 m.ü.M.. Jetzt heisst es Steigeisen anziehen und anseilen, denn wir haben den Gletscherrand erreicht. Inzwischen ist es Tag geworden und ein bezaubernder Sonnenaufgang hat uns bereits belohnt. Ein steiler Aufschwung zum Gipfelgrat flöst etwas Respekt ein. Aber auch dieses Hindernis wird überwunden. Wir stehen auf dem Gipfel des Island Peak 6189 m.ü.M.. Ein unbeschreibliches Gefühl, dankbar so etwas erleben zu dürfen. Wo es raufgeht geht es auch wieder runter und anschliessend talauswärts nach Dingboche.

Wir sind wieder alle vereint auf dem Rückweg nach Namche Bazar. Von dort geht es auf dem Aufstiegsweg  zurück nach Lukla. Ein grosser Abschied steht uns bevor. Unsere einheimischen Begleiter werden uns hier verlassen. Beim Trägerfest bedanken wir uns bei ihnen für die wahnsinnige Arbeit, die sie für uns geleistet haben. Ohne diese Leute wäre ein solches Tekking für uns nicht denkbar. Trägerarbeit ist ein Knochenjob, aber auch die wichtigste Einnahmequelle für ganze Familien und Sippen. Was will man da sagen – Danke!

Mit dem Flieger geht’s von Lukla nach Ramechap und von dort aus fahren wir zurück nach Kathmandu. Die Stadtbesichtigung – unter kompetenter Führung – vermittelt uns viel Kultur und wissenswertes über diese interessante Stadt. Das Highlight des heutigen Abends ist sicher das Abschiedsessen von Aktivferien auf der Dachterrasse von Mingmar Sherpa, einfach top. Voller Eindrücke und Emotionen geht der letzte Tag in Nepal zu Ende.

Dröhnende Motoren, die verträumten Gesichter meiner Truppe werfen einen letzten Blick über Kathmandu und das Himalayagebirge. Ich wage es nicht ihnen mitzuteilen, dass sie sich einen Virus eingefangen haben – den Nepalvirus, den man nicht mehr so leicht wegbekommt.

Wir kommen zurück, im nächsten Herbst. Wir wollen zum Mera Peak. Namaste

Dank an alle für die tolle Zusammenarbeit!

Christian Burgener, Bergführer

 

 

 

 

 

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Unterwegs auf dem Gokyo-Everest Trekking